Celi Will keine Frau an der Posaune Abend Zeitung, Feuilleton Dienstag, 29. Oktober 1991, Seite 16 Solistin
Conant im Dauer-Streit mit den Philharmonikern Daß
Frauen in Orchestern nicht gern gelitten sind, das zeigt schon 4ie Quote der
weiblichen Orchestermitglieder.
Die Münchner Philharmoniker unter Sergiu Celibidache sind da keine Ausnahme:
Von 130 Musikern sind 16 Frauen, wovon zwölf in den Tutti-Geigen eher
hintergründige Rollen bekleiden. Eine der drei weiblichen Solisten, die
amerikanische Posaunistin Abbie Conant, prozessiert seit einem Jahrzehnt
gegen die Stadt München um ihr Recht auf Gleichberechtigung - mit massigem
Erfolg. Der Herr Abbie Conant", den die Philharmoniker mit 32 anderen Bewerbern 1980 zum Vor-spielen hinter einem Vorhang einluden, entpuppte sich als bester Solist - und als Frau. Das Probejahr bestand die Posaunistin, aber im September 1982 kam, ohne vorherige Abmahnung oder fachliche Begründung, die Versetzung in die 2. Posaune. Die von Conant angestrebte Aussprache fand bei einer Taxifalirt zwischen Giesing und Deutschem Museum statt und gipfelte in Celibidaches Satz: ,,Du kennst das Problem. Wir brauchen einen Mann für die Solo-Posaune. Abbie Conant zog gegen die Stadt München vor das Arbeitsgericht. Die Stadt verlor und ging in Berufung. Aber auch in zweiter Instanz war der Ausnahme-Musikerin nicht beizukommen. Ein vom Gericht bestelltes Gutachten des ehemaligen Präsidenten der Internationalen Posaunenvereinigung, Professor Heinz Fadle, bestätigte ihre fachliche Kompetenz. Eine weitere Revision wurde abgelehnt. Verletzung
der Gleichberechtigung Die Stadt München und die Philharmoniker bedankten sich auf ihre Weise. Unter anderem mit dem Hinweis, das Kreisverwaltungsreferat könne möglicherweise die Aufenthaltgenehmigung nicht verlängern. Abbie Conant zog aufs Land. Und der für chauvinistische Äußerungen bekannte Maestro stufte die wehrhafte Amerikanerin in eine niedrigere Vergütungsgruppe - rund 1100 Mark brutto weniger als ihre männliche Kollegen. Auch dagegen zog die Posaunistin vor Gericht. Der im Juni 1991 verkündete Schiedsspruch verpflichtet die Stadt München wegen Verletzung der arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungspflicht" zur Eingliederung in eine höhere Tarifgruppe. Den vom GMD vergebenen Alterszuschlag (732 Mark) bekam sie naturgemäß nicht. Eine merkwürdige Rolle spielt auch OB Georg Kronawitter, der sich - als Dienstherr der Philharmoniker 7 außerstande sah, in ein schwebendes Verfahren einzugreifen und statt dessen brieflich empfahl, von weiteren Beleidigungen des Maestro Abstand zu nehmen. Zu gut sind die Szenen in Erinnerung, als ein erboster GMD erst kurz vor Abflug in Riem zur Rückkehr überredet werden konnte. Und auch Friedel Schreyögg von der Gleichstellungsstelle für Frauen, biß auf Granit: Da kann ich nur sagen, da muß sie warten, bis der weg ist." Abbie Conant ist derweil nach elf Jahren Nervenkrieg sichtlich aus der Fassung: ,,Das erschüttert mich am meisten, daß die Stadt, nur um ihren Dirigenten zu besänftigen, die Rechte der Frauen so mißachtet." Bei Gastdirigenten darf sie Solo-Posaune blasen, bei Tourneen mit Celibidache nicht. Ich werde von manchen wie ein Paria behandelt. Aber das Orchester ist gespalten, viele trauen sich bloß nichts zu sagen, weil sie Angst haben", vermutet Abbie Conant, Aufgeben will sie nicht: Meine Entscheidung zu kämpfen war für mich der erste Gewinn." Hannes
Hintermeier
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