Die Posaunistin Abbie Conant zu Gast in Freiburg Die
zärtliche Stärke BADISCHE ZEITUNG Mittwoch,
24. Mai 1995 von SUSANNE BENDA
Klingt so eine wütende Frau? Die jüngere Biographie der amerikanischen Posaunistin Abbie Conant wäre dazu angetan, das tönende Blech zu knalligem Fortissimo herauszufordern. Doch nichts da: Abbie Conant, Professorin für Posaune an der Trossinger Musikhochschule, verarbeitet ihre Erfahrungen mit dem Machismo in der Männer-Domäne Orchester in einem Stück Musiktheater, das ihrem Instrument leiseste, feinste, ganz verhauchte Klänge abverlangt. ,,Miriam", komponiert von Conants Ehemann William Osborne, war jetzt als klingende Performance im Freiburger ,,FiTTT' - Frauenkulturhaus zu sehen und zu hören: ein stiller, eindringlicher Rückblick mehr denn eine Hymne für feministische Kampftruppen. Auch im Gespräch zückt Abbie Conant keine Messer. Sie gerät nicht in Rage, wenn sie ihre Geschichte als Soloposaunistin der Münchner Philharmoniker erzählt: wie man sie dort von der Soloposition abziehen wollte, weil man einer Frau keine Führungsqualitäten zugestand, und wie man ihr Gehalt um mehr als tausend Mark gegenüber formal gleichgestellten männlichen Kollegen kürzte. Dass diese Frau mit schier unglaublicher Zähigkeit dreizehn Jahre lang vor Gericht um ihre künstlerische und finanzielle Gleichstellung im Orchester gekämpft hat: Das spürt man nur gelegentlich noch aus der Intensität, mit der sie die achtziger und frühen neunziger Jahre bis zu ihrem Ruf nach Trossingen ,,ein totaler Sieg, keine Resignation!" -erneut Revue passieren lässt. Sie ist zur militanten Feministin nicht geboren. Dass der Zufall Abbie Conant in ihrer Schulzeit mit der Posaune zusammenbrachte (,,Gleich beim ersten Mal habe ich einen sehr schönen Ton da herausgebracht"), wies dem anstehenden Konflikt indes bereits die Richtung.
Schließlich lässt das Vorurteil, das Spiel von Blechblasinstrumenten habe vor allem etwas mit physischer Kraft zu tun (und nicht etwa mit Atemtechnik und richtigem Training), Frau und Posaune im all-gemeinen Bewusstsein (bislang noch) nicht so recht zusammenpassen. Des weiteren zielt das Studium eines Blechblasinstruments fast notwendig in Richtung auf eine Stelle im männlich dominierten Orchester. Immerhin haben die Erfahrungen in diesem ,,Mikrokosmos der Gesellschaft" - ,,einer stark patriarchalisch organisierten Männerdomäne", sagt Abbie Conant - der Musikerin den ,,Kick" gegeben, der jetzt ihre Musiktheater-Performances mit der von William Osborne geleiteten ,,Wasteland Company" noch eindringlicher und authentischer wirken lässt. ,,Als Modell für die Gesellschaft", fasst Abbie Conant ihre Orchestererfahrung zusammen, ,,finde ich das völlig indiskutabel: dass da ein einziger Mann von oben herab alles bestimmt, was zu tun ist." Das zu verarbeiten, macht ihr die darstellerische, sängerische und posaunistische Arbeit so wichtig, die sie bei ihren Auftritten leistet: ,,Das hier", sagt sie, ,,ist das, was ich vor allem in meinem Leben zu tun habe." Bei alledem geht es nicht um Kampfparolen und konkrete Slogans, sondern um die Demonstration einer Stärke, die Vorbildfunktion haben kann und soll. ,,Ich selbst", sagt Abbie Conant, ,,spüre auch erst jetzt, wie allmählich die Energie aus dieser langen Kampfzeit zu mir zurückkommt Und haucht anschließend so zart, so zärtlich und so selbstbewusst in ihr glänzendes Blech, dass man sich fragt, warum nicht mehr Frauen auf diese Weise ihre Stärke in die Welt hinausposaunen.
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