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„Sie klingen wie ein Damenorchester“

  Sexismus bei den Münchner Philharmonikern: Der Fall Abbie Conant

 

Ausgezeichnet mit dem ‚Best Of The Web Award 1997’

 

Von William Osborne

Deutsche Übersetzung: Christof Schmidt

 

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Vorwort

 

Während des Dritten Reiches waren die Münchner Philharmoniker bekannt als das „Orchester der Faschistischen Bewegung“. Das Orchester stempelte sein Notenmaterial mit einem Wappen, in welchem diese Worte einen Adler einkreisten, der ein Hakenkreuz in seinen Fängen hielt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Worte überstempelt, die Hakenkreuze jedoch wurden nie entfernt. Da das Wappen auf einer Reihe wichtiger Werke wie den Symphonien Bruckners, den Tondichtungen von Strauss und auf den Walzern, die beim jährlichen Philharmonischen Ball gespielt werden, zu finden war, tauchten die Hakenkreuze mehrmals jährlich wieder auf.

 

Im Sommer 1991 schrieb ich an die Stadträtin Monika Renner und bat darum, dass die Hakenkreuze entfernt würden. Sie antwortete, dass sie meine Sorge teile und dass sie das Kultusministerium benachrichtigt habe, welches wiederum die Philharmoniker gebeten habe, sie zu entfernen.

 

Die Philharmoniker schrieben mir am 10. Juli 1991, dass die Worte bereits überstempelt worden seien. Die weiterhin nicht angerührten Hakenkreuze wurden mit keinem Wort erwähnt. Sie fügten hinzu:

 

„Es scheint, sehr geehrter Herr Osborne, dass Sie und Ihre Frau alles versuchen, um die Münchner Philharmoniker und die Landeshauptstadt München in ein schlechtes Licht zu rücken. Dabei ist Ihnen jedes Mittel recht.“

 

Sie sahen nicht voraus, dass im folgenden Jahr 2300 gewalttätige Übergriffe von Neonazis auf Ausländer und 17 rassistisch motivierte Morde verübt werden würden. 1994 war die Zahl auf über 6000 Übergriffe angestiegen.

 

Sie stritten zudem ab, dass Frauen bei den Münchner Philharmonikern in sexistischer Weise benachteiligt werden. Um genau dies zu dokumentieren und um die Rolle, die Münchner Politiker dabei spielten, aufzuzeigen, habe ich diesen Artikel geschrieben. Es ist nicht mein Ziel, irgendjemanden in Verlegenheit zu bringen. Vielmehr möchte ich Deutschlands wunderbare musikalische Tradition, deren Musikerinnen – wie beispielsweise Anne-Sophie Mutter – fantastisch sind, im positiven Sinne unterstützen.

 

Ich habe die Fakten mit äußerst detaillierten Fußnoten dokumentiert, da bekannt ist, dass Sozialkritik ungehört bleibt, wenn sie nicht sehr genau begründet ist. Glücklicherweise belegen Gerichtsprotokolle und Briefe fast alle besonders hervorstechenden Fakten in diesem Bericht. Das Arbeitsgericht München und das Landesarbeitsgericht wurden mit AGM beziehungsweise LGM abgekürzt. Wenn Datum und Autor eines Brief im Text erwähnt sind, habe ich keine Fußnote hinzugefügt. Kopien oder Originale aller (mit wenigen Ausnahmen) hier erwähnten Dokumente befinden sich im Besitz des Autors und können auf Wunsch zugeschickt oder gefaxt werden.

 

Sie klingen wie ein Damenorchester

Sechzehn ist eine Frau!

 

1980 bewarb sich Abbie Conant für elf Posaunenstellen, die in Deutschland ausgeschrieben waren. Sie erhielt lediglich eine Einladung zum Probespiel, nämlich einen Brief von den Münchner Philharmonikern, der an Herrn Abbie Conant adressiert war[1].

 

Sie spielte am 19. Juni 1980  vor und trat dabei gegen 32 Männer an. Die erste Runde fand hinter einem Vorhang statt. Sie war als Sechzehnte an der Reihe und keiner der Kandidaten nach ihr kam in die zweite Runde. Als die Nummern der Finalisten aufgerufen wurden, wurde zu allseitiger großer Überraschung festgestellt, dass Posaune sechzehn eine Frau war. In der zweiten und dritten Runde, die ohne Vorhang stattfanden, setzte sie sich klar gegen ihre männlichen Mitbewerber durch und das Orchester beschloss durch Abstimmung, sie zu engagieren.

 

Nach Angaben des Orchestervorstandes Deinhardt Goritski war Generalmusikdirektor (GMD) Celibidache gegen ihre Einstellung[2]. Da er jedoch noch neu in seiner Position war, konnte er die Entscheidung des Orchesters noch nicht überstimmen. Er verhandelte beispielsweise noch mit der Stadt über Forderungen seinerseits und drohte damit, zu gehen, falls diese nicht erfüllt würden.

 

Zu einer Veränderung kam es. In den 20 Jahren seit damals wurde kein Probespiel für eine Position bei den Münchner Philharmonikern mehr hinter einem Vorhang gehalten[3]. 

 

 

Das Probejahr: „Sie kennen das Problem“.

 

Frau Conant bestand die Abstimmung nach ihrem Probejahr mit dem selben Erfolg, den sie schon bei ihrem Probespiel hatte. In den folgenden Jahren erreichte sie internationale Bekanntheit als Solistin, Lehrerin und Musiktheaterkünstlerin. Sie ist eine der wenigen Posaunensolistinnen und Solisten, die international anerkannte Aufnahmen vorlegen konnten. Sie wird regelmäßig als Gastsolistin zu Festivals der International Trombone Association eingeladen und wurde von deren 4000 Mitgliedern auch in den Vorstand dieser Organisation gewählt. Der Vorstand ist eine Gruppe hochkarätiger Posaunisten, die für höchste professionelle Standards stehen. Die Zeitschrift der International Trombone Association beschrieb sie als „in der ersten Reihe der Weltklasseposaunisten“ stehend[4] . 1998 wurde sie zur Vizepräsidentin der Vereinigung gewählt.

 Bis vor wenigen Jahren waren europäische Orchester eine rein männliche Angelegenheit. Die Wiener und die Prager Philharmoniker verweigern Frauen die Mitgliedschaft[5]. Die Berliner Philharmoniker beschäftigen drei Frauen, von denen die erste 1983 Orchestermitglied wurde[6]. 16 der 130 Mitglieder der Münchner Philharmoniker sind Frauen. 12 von ihnen spielen eine relativ untergeordnete Rolle in den Tuttiviolinen[7]. Auch in Amerika, obgleich etwas besser, ist die Situation keineswegs gut.  (This was written in 1993.  The situation has improved slightly.  For updated information see the articles section of our website.)

 Als Frau Conant 1981 an einem Maimorgen zu einer Sitzung geladen wurde, nahm sie an, dass es sich dabei um eine Besprechung ihres Aufgabenfeldes handeln würde. Stattdessen wurde sie von einer kleinen Gruppe von Männern begrüßt, die ihr zu ihrer Überraschung eröffneten, dass der GMD sein Veto gegen ihr bestandenes Probejahr einlegen und sie auf die zweite Posaune zurückstufen wolle. Der Hauptsprecher der Gruppe war der Bassposaunist ihres Satzes, Robert Meissner.

 

Es wäre ein Leichtes für Herrn Celibidache gewesen, Frau Conant während ihres Probejahres zu entlassen oder zurückzustufen. Er hätte ihr lediglich zweimal schriftlich seine Kritikpunkte vorlegen müssen[8]. Ihr Probejahr war jedoch vorüber und sie hatte keinerlei Kritik, nicht einmal mündlicher Art in Proben, erhalten[9].

 

Sie nahm Kontakt zur Deutschen Orchestervereinigung auf, welche ihr zusagte, dass sie ihre Gerichtskosten übernehmen würde, falls sie ihren Arbeitgeber, die Stadt München, verklagen wolle. Die Vereinigung erklärte, dass der Rechtsstreit mindestens fünf Jahre dauern würde und dass sie während dieser Zeit zweite Posaune spielen und somit mehr Dienst für weniger Gehalt würde leisten müssen. (Tatsächlich dauerte der folgende Rechtsstreit zwölf Jahre.) Sie erklärten ihr weiterhin, dass der Angeklagte nach kontinentalem Recht die Beweislast habe und sie deshalb sofort mit der peinlichen Aufgabe beginnen solle, Gutachten und Empfehlungsschreiben von Blechbläserkollegen und Gastdirigenten zu sammeln. 

 

Um all dies zu vermeiden, sprach Frau Conant mit dem GMD und bat von sich aus an, ein zweites Probejahr zu absolvieren, in dem er die Möglichkeit haben würde, seine Kritikpunkte deutlich zu machen. Sie war sich ihrer spielerischen Fähigkeiten bewusst und war sicher, dass jegliche Probleme so aus dem Weg geräumt werden könnten.

 

Das war eine einmalige Gelegenheit für Herrn Celibidache. Dennoch spielte sie zu Beginn der nächsten Spielzeit nur ein Konzert unter ihm und obwohl ihr keinerlei Kritik vorgelegt wurde[10], erlaubte er ihr für den ganzen Rest des Jahres nicht mehr, Solo zu spielen. Am 3. Februar 1982 erhielt sie einen zehnzeiligen Brief vom Orchester, in dem sie auf die zweite Posaune zurückgestuft wurde – nach wie vor ohne Angabe von Kritikpunkten.

 

Am 11 November 1982 sprach Frau Conant erneut mit Herrn Celibidache und machte einen zweiten Versuch, einen Kompromiss zu erzielen. Sie bat ihm an, für ihn zweite und für Gastdirigenten Soloposaune zu spielen. Sie war besonders besorgt darüber, dass er keinerlei Probleme erwähnt hatte, die ihr Spiel betrafen. Er lehnte das Angebot ab und sagte:

 

  „Sie kennen das Problem. Wir brauchen einen Mann für die       Soloposaune.“[11]

 

„Ihre Nerven werden das nie aushalten“

 

Es war allgemeiner Tenor, dass Frau Conants Nerven die zermürbenden Strapazen eines langwierigen Rechtsstreits vor Gericht nicht aushalten würden. Deshalb wurde, ohne auf den Ausgang des Verfahrens zu warten, ein neuer Posaunist für ihre „freigewordene“ Stelle engagiert.  

 

Manche Leute überließen nichts dem Zufall, um sicherzustellen, dass Frau Conant geht. Von einem Orchestervertreter, Herrn Adam Fendt, wurde sie gewarnt, dass der Landkreis München ihre Aufenthaltsgenehmigung nicht erneuern würde, falls sie mit dem Gerichtsverfahren fortfahre[12]. Frau Conant gab ihr Haus auf und zog in einen anderen Landkreis um, in dem ihr schließlich eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung erteilt wurde.

 

Um ihren Rückhalt im Orchester zu verringern, wurde das Gerücht in Umlauf gebracht, dass falls der GMD gehe – möglicherweise wegen ihr – eine erhebliche Gehaltserhöhung für die Orchestermitglieder verloren ginge.

 

Frau Conant wurde zu einem Treffen am 15. Dezember 1982 eingeladen, dessen Ziel die „Vermeidung des drohenden Rechtsstreits“[13] war. Sie nahm an, dass dies einen Kompromiss bedeute, nahm jedoch dennoch ihren Rechtsanwalt mit zu dem Treffen, da die bisherigen Ereignisse sie vorsichtig gemacht hatten. Anwesend waren sieben ihr missgünstig gesonnene Männer, die alle den GMD vertraten: drei Mitglieder des Orchestervorstandes, der Verwaltungschef des Orchesters, ein Vertreter des Personalbüros und zwei Mitglieder des Personalrates.

 

Ihr Rechtsanwalt fragte die Männer, welchen Kompromiss sie bereit seien anzubieten. In Wirklichkeit war jedoch gar kein Kompromiss vorbereitet worden und auch der Kompromissvorschlag, den Frau Conant und ihr Rechtsanwalt vorbereitet hatten, wurde nicht gehört[14]. Sie bestanden schlicht darauf, dass sie ihre Klage fallen lassen solle, da sie, wie wiederholt gesagt wurde, „keine Chance habe“. Ein Orchestervorstand, Deinhardt Goritski, stellte zugespitzt fest: „Ihre Nerven werden das nie aushalten“.

 

Zwanzig Tage später beschuldigte Herr Goritski sie der Arbeitsverweigerung, was zu einer disziplinarischen Untersuchung führte, in der sie nachweisen konnte, dass diese Anschuldigung absolut unwahr gewesen war[15]. Es handelte sich tatsächlich um einen Krieg gegen ihre Nerven.

 

 

„Was ist die Anklage?“

 

Frau Conant entschied sich dazu, vor Gericht zu gehen. Die erste Anhörung am 17. August 1982 dauerte nicht lange. Der Richter konnte keine Entscheidung treffen, da keine spezifischen oder konkreten Kritikpunkte vorgelegt worden waren[16]. Die vorzulegenden Unterlagen für das Gericht beispielsweise hätten genaue Beschreibungen von Problemen in Konzerten sein müssen.

 

Außerdem hatte sie nicht die gesetzlich vorgeschriebenen schriftlichen Abmahnungen, die ebenfalls spezifische Kritikpunkte hätten enthalten müssen, erhalten[17]. Richter Gick forderte die Anwälte der Stadt auf, ihre Anklagepunkte zu spezifizieren und legte einen erneutenVerhandlungstermin auf zehn Monate später, den 16. Juni 1983, fest.

 

Die Begründung der Zurückstufung, die sie dem Gericht in ihrem nächsten Schreiben vom 3. Februar 1983 vorlegten, klingt nahezu machoistisch:

 

„Die Kägerin verfügt nicht über die physische erforderliche Kraft als Stimmführerin der Posaunen; sie ist nicht in der Lage, die Posaunengruppe eindeutig zu führen. Im Übrigen fehlt der Klägerin das erforderliche Einfühlungsvermögen, um die künstlerischen Vorstellungen des Generalmusikdirektors umzusetzen.“[18]  

 

Um auf den Vorwurf der nicht ausreichenden körperlichen Kraft zu reagieren, musste sich Frau Conant Tests an der Gautinger Lungenfachklinik unterziehen[19]. Sie musste in einer verschlossenen Kabine atmen und sich Blut aus dem Ohr entnehmen lassen, um festzustellen, wie effizient ihr Körper Sauerstoff aufnimmt. Sie musste in zahlreiche Geräte blasen, um ihre Lungenkapazität und die Geschwindigkeit, mit der sie aus- und einatmen kann zu messen. Sie musste sich entkleiden und ihren Brustkorb von einem Arzt untersuchen lassen. Nach den Untersuchungen wurde sie von einer Schwester gefragt, ob sie Leistungssportlerin sei. Ihre Werte waren überdurchschnittlich.

 

Bei der zweiten Verhandlung erschienen die Anwälte der Stadt in Begleitung von GMD Celibidache. Erneut entbehrten die vorgelegten Unterlagen jeglicher klar begründeter Kritikpunkte. Der Richter stellte deshalb fest, dass eine Aussage von GMD Celibidache keinen Sinn mache[20].

 

Die Stadt legte Widerspruch ein, aber der Richter stellte fest, dass in jedem Fall das Wort von Herrn Celibidache gegen die Aussagen und Gutachten von 43 anerkannten Musikern und Gastdirigenten stehe, die Frau Conant in ihren Unterlagen vorgelegt habe[21]. Der GMD – nach wie vor nicht in der Lage, konkrete Kritik vorzubringen – war außer sich vor Wut. Am 6. Juli 1983 schrieb die Orchesterverwaltung Frau Conant im Auftrag des GMDs einen Brief, in dem festgestellt wurde, dass sie nicht einmal qualifiziert sei, zweite Posaune zu spielen.

 

Am 16. Juni 1983 gab das Gericht der Stadt eine dritte Chance:

 

"Die Angeklagte wird erneut aufgefordert, die Vorwürfe gegen die Klägerin zu präzisieren und ihre Versäumnisse wenn möglich mit Datum aufzulisten."[22]

 

Bei der Anhörung am 29. März 1984 lagen nach wie vor keine klaren Beispiele von Frau Conants angeblichen Schwachpunkten vor. Das Gericht entschied zu Gunsten von Frau Conant:

 

„Die zulässige Klage ist begründet, da die Änderung der Arbeitsbedingungen mangels substantierten Vortrags der Beklagten sozial ungerechtfertigt ist.“

 

„Die Beklagte führt zu ihren Kündigungsvorwürfen im Wesentlichen keine Tatsachen an, sondern lediglich pauschale Wertungen.“

 

„Sie führt darüber hinaus nicht an, wann (Datum) der Klägerin die behaupteten Fehler unterlaufen seien. Sie führt weiterhin nicht an, wann die Klägerin abgemahnt worden sei.“

 

„Es ist somit für das Gericht weder feststellbar, was die Klägerin falsch gemacht hat, noch feststellbar, ob sich die Klägerin die behaupteten Abmahnungen nicht zu Herzen genommen hat, d.h. ob ein Wiederholungsfall nach der letzten Abmahnung vorgelegen hat.“[23]

 

Die Stadt legte Berufung ein.

 

 

„Wir können ihn doch nicht vierteilen“

 

Vier Jahre waren nun vergangen, seit Frau Conant Mitglied des Orchesters geworden war. Ein neuer Oberbürgermeister, Georg Kronawitter war gewählt worden und der Konflikt zwischen der Stadt und dem GMD begann wieder von neuem für Wirbel zu sorgen. Unter anderem war der GMD gegen die zögerliche Haltung der Stadt wenn es darum ging, unangenehme Musiker und Kultusminister loszuwerden. Eine der örtlichen Zeitungen schrieb am 14. November 1984:

 

„War man noch bereit, bei Celibidache in Ungnade gefallene Musiker aus dem Verkehr zu ziehen, den Kulturreferenten kann niemand kippen. ‚Wir können ihn doch nicht vierteilen und am Marienplatz ausstellen’ wird in Rathausgängen laut gesagt.“[24]

 

Im Winter 1984 verließ Celibidache das Orchester unerwartet abrupt mitten in der Spielzeit, was zu einem großen Skandal und erheblichen finanziellen Einbußen für die Stadt führte. Man kannte den Stil des GMD von zwei Orchestern, die er ähnlich behandelt hatte, nämlich Stuttgart und Stockholm. Dennoch ging die Stadt nach einigen Wochen auf Kompromisse ein und der Maestro kehrte zurück. Genau wie vier Jahre zuvor und wiederum nach dem Willen von GMD Celibidache, entließ die Stadt den Verwaltungschef des Orchesters – selbstverständlich nach einem entsprechenden ‚golden handshake’. Frau Conant blieb in ihrer Sache dennoch unbeirrt.

 

Genau zu dieser Zeit passierte es, dass Anne-Sophie Mutter, die als Solistin engagiert worden war, aufgrund des Verhaltens des GMD ihr gegenüber eine Probe abbrach und alle Aufführungen mit den Münchner Philharmonikern absagte. Noch Jahre später, während einer Tournee der Philharmoniker in Madrid, bezeichnete er sie in einem Interview als eine „geigende Henne“[25].

 

Im Juli 1991 wollte eine Gruppe von Musikerinnen mit Kindern Tour-Sharing und unbezahlten Urlaub zur Sprache bringen, die ihr von ihrer Arbeitgeberin, der Stadt München, garantiert werden. Herr Celibidache teilte ihnen erbost mit: „ Wenn sie Kinder wollen, haben sie den falschen Beruf gewählt.“[26]

 

Im Sommer 1988 verwies Celibidache eine junge Frau, Anja Trautwein (jetzige Traub), von der Position der Konzertmeisterin des Schleswig-Holstein Musikfestivals. Als Begründung fügte er lediglich an: „Nur Männer am ersten Pult.“[27]

 

Vielleicht lässt sich von dem folgenden Auszug eines Interviews in der Abendzeitung (10. November 1984), in dem er seine Haltung zu Kritikern deutlich macht, auf die allgemeine Einstellung des GMD zu Frauen schließen:

 

„Diese Leute, die täglich alles vergiften, sollten einmal pausieren oder über Gynäkologie schreiben. Auf dem Gebiet hat doch jeder ein bisschen Erfahrung. Aber in der Musik sind die Jungfrauen. So bleiben sie, so gehen sie auch in eine andere Welt hinüber, nie von einem wirklich erlebten Klang befruchtet.“[28] 

 

 

Spielpläne und Requien

 

Für die Berufungsanhörungen, die am 15. Februar 1985 begannen, drei Jahre dauerten und während denen Frau Conant weiterhin zweite Posaune und somit mehr Dienst für weniger Gehalt spielen musste, änderte die Stadt ihre Strategie. Um konkrete Anklagepunkte zu konstruieren, benutzen man den Spielplan des Orchesters und suchte Konzerte, in denen Frau Conant gespielt hatte. Die angeblichen Probleme, die vorgebracht wurden, waren in den Proben zu diesen Konzerten nie zur Sprache gekommen.

 

In den Unterlagen, die dem Gericht am 17. September 1984 vorgelegt wurden, wurde beispielsweise behauptet, dass ihre „Kurzatmigkeit unüberhörbar gewesen sei“ in ihren wiederholten Darbietungen des berühmtem Posaunensolos in Mozarts Requiem. Zwei Mitglieder des Orchestervorstandes, Jürgen Borchers und Ernst Fähndrich, wurden als Zeugen aufgeführt[29]. Peinlicherweise hatten sie übersehen, dass der Gastdirigent dieser Konzerte, Yoav Talmi, ihr eine ausgezeichnete Referenz geschrieben hatte, in der er besonders das Solo erwähnte[30].

  

„Die schwierigsten Phrasen“

 

Richter Starkloff jedoch sagte, er verstehe nichts von Musik und erklärte am 6. März 1985, dass die Angelegenheit von einem Spezialisten, möglichst einem Dirigenten, geregelt werden solle, der Folgendes feststellen müsse:

 

„Ob die Klägerin die für eine Soloposaunistin eines Orchesters vom Rang der Münchner Philharmoniker unabdingbar erforderliche physische Kraft, Ausdauer und Belastbarkeit (= Atemkraft, Atemvolumen) besitzt, um schwierige und schwierigste Phrasen nach den Anweisungen des Dirigenten ausreichend lange und mit der gewünschten Intensität sowie Stärke durchzuhalten.“[31]

 

Um sicherzustellen, dass ein Spezialist ersten Ranges gefunden würde, wurde das Honorar für selbigen auf 3000 DM festgesetzt[32]. Er oder sie sollte Frau Conant eine Auswahl von Orchesterstellen spielen hören und daraufhin ein schriftliches Gutachten erstellen. Beide Seiten sollten eine Liste von möglichen Kandidaten vorlegen, aus denen der Richter einen oder eine auswählen würde. 

 

Frau Conant legte eine Liste mit allen Dirigenten in Deutschlands 95 staatlichen Orchestern und eine Liste mehrerer deutscher Posaunenprofessoren vor[33]. Die Stadt führte keinen Dirigenten auf und lediglich zwei Posaunenprofessoren[34], die jedoch beide befangen waren, da sie sich wie Frau Conant um eine Professur am Münchner Konservatorium beworben hatten.

 

Trotz des Honorars hatte das Gericht große Schwierigkeiten, einen Dirigenten zu finden, der bereit war, sie zu beurteilen. Potentielle Kandidaten wussten, dass sie, falls sie zu Gunsten von Frau Conant entschieden, unter Umständen nie von den Philharmonikern engagiert werden würden.

 

 

Keine Zeit

 

Nach etwa einem Jahr, am 3. März 1986, sagte Professor Paul Schreckenberger (Musikhochschule Mannheim) zu, Frau Conant zu beurteilen. Der Richter schlug einige Termine vor und Prof. Schreckenberger entschied sich für den 22. Juni 1986[35]. Die nun folgenden ständigen Terminverschiebungen und Absagen des Professors und der Münchner Philharmoniker setzten den wohl härtesten Test für Frau Conants Nerven in Gang.

 

Am 22. April schrieb Prof. Schreckenberger, dass die Beurteilung aufgenommen werden und im Konzertsaal der Münchner Philharmoniker stattfinden solle[36]. Die Stadt bestand darauf, dass er Frau Conant auch in einem Konzert mit den Philharmonikern hören solle und schlug Konzerte am 4. und 5. Juni 1986 vor[37]. Frau Conant bereitete sich unter größten Anstrengungen vor aber kurz vor diesen Konzerten sagte Prof. Schreckenberger, dass er die Beurteilung auf September verschieben wolle. Dem selben Schreiben fügte er eine Liste sehr schwieriger Orchesterstellen an, die er benutzen wolle, um Frau Conant zu testen[38].

 

Ungeachtet der Tatsache, dass die anstrengenden und aufreibenden Vorbereitungen umsonst gewesen waren, arbeitete Frau Conant während ihres gesamten Sommerurlaubs weiter. Gegen Ende September jedoch wartete sie vergeblich auf eine Nachricht des Professors. Die Stadt schlug Konzerte im Winter und Frühjahr 1987 vor, es wurde aber kein genaues Datum festgesetzt.

 

Am 15. Mai 1987 teilte die Stadt dem Gericht mit, dass man telefonisch mit Herrn Schreckenberger gesprochen habe und dass für ihn „nichts dagegen spreche, seine Aufgabe in der ersten Juniwoche zu erfüllen“[39]. Frau Conant  dachte, dass der Tag nun endlich gekommen sei und bereitete sich ausgiebig für die anspruchsvollen Tests vor. Am 21. Mai 1987 jedoch rief er die Münchner Philharmoniker an und teilte mit, dass er nicht kommen könne[40]. Am 2. Juli 1987 sagte er schließlich ganz ab und sagte, er habe keine Zeit[41]. Es waren mittlerweile zweieinhalb Jahre vergangen, seit das Gericht entschieden hatte, einen Spezialisten zu berufen[42].

 

Das Gericht nahm Kontakt zu einem der Professoren – Michael Stern - auf, die die Stadt vorgeschlagen hatte. Dieser bewarb sich jedoch wie Frau Conant für eine Professur und lehnte aus selbst eingestandener Voreingenommenheit ab[43].

 

Ein dritter Professor wurde kontaktiert: Heinz Fadle, damaliger Präsident der Internationalen Posaunenvereinigung. Er sagte zu und schickte eine Liste mit sieben der schwierigsten Orchesterstellen der Posaunenliteratur. Am 25. Februar 1988 fuhr Frau Conant nach Detmold und spielte ihm diese Stellen je drei Mal mit unterschiedlichen Anweisungen bezüglich Stil, Dynamik, Phrasierung und Vibrato vor. Der gesamte Vorgang wurde aufgenommen und fand in Anwesenheit eines Vertreters der Stadt, Prof. Rolf Quinque, statt[44].

 

Dieses Probespiel war wesentlich anspruchsvoller als jedes Orchesterprobespiel, eine Probe oder ein Konzert. Dennoch hatte der Professor in seinem Gerichtsgutachten lediglich Positives zu berichten:

 

„Sie ist eine Bläserin mit hervorragend ausgebildetem Ansatz – d.h. Lippenmuskulatur, die kontrollierte Tonproduktion in Verbindung mit kontrolliertem Atemfluss ermöglicht, welche ihr optimale Ausnutzung ihres Atemvolumens erlaubt. Ihre Atemtechnik ist sehr gut und macht ihr Spiel auch bei schwierigsten Passagen überlegen und leicht. Physische Kraft, Ausdauer und Atemvolumen hat sie bei diesem Vorspiel ausreichend beweisen können – darüber hinaus eine enorme Nervenkraft. Diese, gepaart mit ihren oben genannten bläserischen Eigenschaften, setzen sie durchaus in die Lage, in einem Spitzenorchester als Solobläserin schwierigste Passagen nach ‚Anweisung des Dirigenten ausreichend lange und mit der gewünschten Intensität sowie Stärke durchzuhalten.“[45]

Ein zweites Mal entschied das Gericht am 1. Juli 1988 zu Gunsten von Frau Conant [46]. Nach acht Jahren im Orchester und sechs vor Gericht; nach Versuchen, zu einem Kompromiss zu gelangen und nach medizinischen Untersuchungen; nach zahlreichen gerichtlichen Anhörungen und Schikanierung durch ihre Kollegen; und schließlich nach Prüfung durch einen Posaunenspezialisten, erhielt sie ihre Solostelle zurück.

Erneutes Spießrutenlaufen

Dies war jedoch nur der Beginn einer neuen Reihe von Schikanen und Gerichtsverhandlungen. Die Stadt München stellte sie nach wie nicht mit ihren 15 männlichen Kollegen auf Solobläserpositionen gleich.

Es begann damit, dass man sich weigerte, sie als Soloposaunistin zu bezahlen und die fälligen rückwirkenden Gehaltszahlungen zu machen, bevor ein schriftliches Urteil vorlag [47]. Diese Entscheidungen wurden in Abstimmung mit GMD Celibidache getroffen[48]. Man wusste, dass der Richter langsam war und das Dokument nicht für eine Berufung ausreichen würde. Die Verzögerung würde sie jedoch davon abhalten, Klagen auf Gleichbehandlung einzureichen[49]. Richter Starkloff, der bereits drei Jahre mit dem Fall befasst war, brauchte weitere zwei Jahre, um das schriftliche Urteil vorzubereiten. Es war drei Seiten lang.

Es kam schließlich am 14. August 1990. Die Müncher Philharmoniker stuften Frau Conant – die einzige Frau auf einer Solobläserposition - daraufhin in eine niedrigere Gehaltsstufe ein als alle ihre männlichen Kollegen[50]. Sie erhielt Gehaltsstufe III, während alle Männer Gehaltsstufe IV erhielten. Eine Höherstufung von Frau Conant war nur mit Zustimmung von GMD Celibidache möglich[51].

Er schloss sie zudem von dem automatischen Dienstalterszuschuss aus, der 1987 allen ihren männlichen Kollegen zuerkannt wurde[52]. Diese Kollegen hatten den selben Status wie Frau Conant, erhielten jedoch monatlich 1100 DM mehr als sie[53]. Aufgrund der zusätzlichen Arbeitszeit, die Tuttispieler leisten müssen, war sie gezwungen während der Jahre des Rechtsstreits den Gegenwert von zwei Dienstjahren zusätzlich abzuleisten[54]. Zu guter Letzt weigerte sich Celibidache, auch nachdem sie ihre Solostelle zurückerhalten hatte, sie Solo spielen zu lassen und benutzte Schlupflöcher in ihrem Vertrag, um sie zu zwingen regelmäßig zweite oder stellvertretende erste Posaune für ihre männlichen Kollegen zu spielen[55]. Keiner ihrer 15 männlichen Kollegen musste unter ähnlichen Umständen auf diesen Positionen spielen[56]. Man nahm an, dass sie das Orchester unter diesen Umständen schließlich verlassen würde.

„Sie klingen wie ein Damenorchester!“

Frau Conant wusste nicht, dass sie in eine niedrigere Gehaltsstufe eingestuft worden war als ihre männlichen Kollegen an Solobläserpositionen[57]. Sie fand dies erst heraus, als sie die Dienstalterszulage, die ihre Kollegen 1987 erhalten hatten, einklagte[58].

Über diese Fakten im Unklaren, sagte sie eine Anhörung, die für August 1990 festgesetzt gewesen war, ab und versuchte, eine außergerichtliche Einigung zu erreichen[59]. Nachdem sie ihre Stelle wiedererhalten hatte, hatte die Stadt nun drei Soloposaunen und keine zweite. Sie sprach mit den beiden anderen Soloposaunisten, Dankwart Schmidt und Dany Bovin, und die drei einigten sich darauf, sich die zweite Posaune zu teilen, falls Frau Conant gleichgestellt werde[60]. Die Stadt müsste so keinen weiteren Posaunisten engagieren.

Noch bevor diese Einigung mit der Stadt besprochen werden konnte, entschied sich Herr Schmidt, ganz und bedingungslos zweite Posaune zu spielen. Frau Conant fragte Herrn Schmidt nach Gründen und er meinte, dass der Orchestervorstand ihn unter massiven Druck gesetzt habe. Man war offensichtlich nicht an einer permanenten Lösung interessiert, sondern an einer vorübergehenden zweiten Posaune bis Frau Conant aufgrund dieser Diskriminierungen gehen würde.

Frau Conant bat den Orchestervorstand, nicht von ihr zu verlangen, an niedrigeren Positionen zu spielen. Dies wurde abgelehnt. Während sie mit dem Orchestervorstand David Moltz sprach, kam ein Kollege zu ihnen, der sich nicht darüber im Klaren war, was die beiden besprachen und erzählte einen Witz:

„Wisst ihr, was der Unterschied zwischen einer Frau und einer Toilette ist?  Die Toilette muss man nicht küssen, wenn man mit ihr fertig ist.“[61]

Herr Moltz lachte herzlich und ging weiter.

Am 12. Juli 1990 schrieb sie an die Frauengleichstellungsstelle – obwohl diese Teil der Münchner Regierung ist, gegen die sie ja vorging – und bat um Hilfe bei ihrem Bemühen um gleiches Gehalt und gleiche Arbeitsaufgaben.

Die Direktorin, Frau Schreyögg, die zudem SPD-Vorstandsmitglied war, antwortete am 27. Juli 1990 ohne auf diese beiden Punkte einzugehen. Sie sagte lediglich, dass sie nichts tun könne, da man „übernatürliche Kräfte“ brauche, um einen „selbstzufriedenen Patriarch“ wie GMD Celibidache umzustimmen. Sie empfahl Frau Conant zu warten, „bis ein neuer frauenfreundlicher GMD das Ruder übernimmt“.

In einem persönlichen Gespräch am 10. September 1990 sagte Schreyögg, die Situation sei schwierig, da GMD Celibidache drohe, zu gehen, falls ihm der Gang der Dinge nicht zusage. Sie sagte, sie werde die Angelegenheit mit Oberbürgermeister Kronawitter besprechen und empfahl Frau Conant, ihm zu schreiben. 

Am 15. Oktober 1990 schrieb Frau Conants Ehemann an Oberbürgermeister Kronawitter (SPD) und bat ihn um Hilfe bei ihren Bemühungen, ihren männlichen Kollegen gleichgestellt zu werden. Er erwähnte, dass GMD Celibidache ihre Zurückstufung mit folgenden Worten begründet hatte: „Sie kennen das Problem. Wir brauchen einen Mann für die Soloposaune“. Er führte weiterhin an, dass GMD Celibidache die Münchner Philharmoniker im April 1990 in sarkastischer Weise beleidigt habe:

         „Sie klingen wie ein Damenorchester.“[62]

Als Anlagen fügte ihr Mann über 200 Seiten an Konzertprogrammen und Kritiken an, die Frau Conants Qualifikationen belegten; unter anderem auch die Empfehlungsschreiben, die sie vor Gericht verwendet hatte, um ihre Position zurück zu gewinnen. Unter den Autoren derselben waren: Kurt Masur (GMD der New Yorker Philharmoniker und des Gewandhausorchesters in Leipzig), Hans Stadlmair (GMD des Münchner Kammerorchesters), Mats Liljefors (GMD des Schwedischen Kammerorchesters), Othmar Maga (GMD der Seouler Philharmoniker), Christopher Keene (GMD der New Yorker City Opera) und Yoav Talmi (GMD des San Diego Symphony Orchestra)[63].

In der Hoffnung, dass diese Informationen zu einer außergerichtlichen Einigung führen würden, trafen sich Frau Conant und ihr Anwalt der Musikergewerkschaft am 5. November 1990 mit dem Personalbüro der Stadt München und der Verwaltung der Münchner Philharmoniker, um zu erreichen, dass sie ebenfalls die Dienstalterszulage ihrer Kollegen aus dem Jahr 1987 erhalten würde. Beide Stellen weigerten sich. Sie wusste zu diesem Zeitpunkt nach wie vor nicht, dass sie weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen erhielt.

Am 5. Dezember 1990 beantwortete Oberbürgermeister Kronawitter den Brief ihres Ehemannes und sagte, dass ihm klar sei, dass Aussagen vom GMD Celibidache über ‚Damenorchester’ und die Notwendigkeit von Männern an ersten Positionen beleidigend für Frauen sein könnten. Er versprach, der Sache nachzugehen und wieder zu schreiben.

Die versprochene Rückmeldung des Oberbürgermeisters kam nie. Aufgrund einer Verjährungsklausel musste Frau Conant schließlich die Hoffnung auf eine außergerichtliche Einigung aufgeben und erneut gegen die Stadt München – vertreten durch Oberbürgermeister Kronawitter – vor Gericht gehen, um gleiche Bezahlung zu erreichen[64].

„Zumindest zwei weitere Solobläser“

Die erste Anhörung fand am 23. Januar 1991 statt. Der von Stadtdirektor Leonti verfasste Gerichtsunterlagensatz der Stadt vom 23. Januar 1991 machte sich Frau Conants Verwirrung zunutzen, indem fälschlicherweise behauptet wurde, dass es in ihrer Gehaltsstufe III weitere Solobläser gebe:

„Vielmehr verhält es sich so, dass die Soloinstrumentalisten vom Gehalt durchaus unterschiedlich eingestuft sind. Dies gilt auch für die Solobläser, von denen zumindest zwei ebenfalls nur nach Vergütungsgruppe III des Tarifvertrages der Münchner Philharmoniker bezahlt werden.“[65]

Sie konnten dies mit ihren eigenen Unterlagen als Arbeitgeber nicht belegen, da es schlicht falsch war. Stattdessen führten sie eine unwahre Aussage des Orchestervorstandes der Münchner Philharmoniker vom 3. Januar 1991 an.

Richterin Mack, die ebenfalls davon ausging, dass es sich nur um eine Frage der finanziellen Gleichstellung mit älteren Kollegen handelte, empfand die Situation dennoch als skandalös. Sie sagte, sie übernehme keine Verantwortung, falls die Presse Wind von der Sache bekomme und empfahl der Stadt dringend, sich auf einen Kompromiss einzulassen. Sie setzte einen neuen Verhandlungstermin fest, um ihr Zeit zu geben, einen solchen auszuarbeiten.

Bei der nächsten Anhörung am 8. März 1991 bot die Stadt an, Frau Conant nach Vergütungsgruppe IV zu bezahlen, weigerte sich jedoch nach wie vor, ihr die Höherstufung ihrer Kollegen von 1987 zuzugestehen. Sie lehnte ab. Ihr war nach wie vor nicht klar, dass sie nur dann gerade einmal mit ihren jüngeren Kollegen in der selben Gehaltsgruppe sein würde.

„Unanständige Behandlung“

Frau Conant hoffte immer noch auf die Hilfe des Oberbürgermeisters und erwähnte in einem Schreiben an ihn vom 31. Januar 1991 Herrn Celibidaches Äußerungen über ‚Gynäkologie’ und ‚Jungfrauen’ und den Orchestervorstand, der sich über Witze über Frauen und Toiletten amüsiert hatte. Sie bat ihn, ihr die erneuten Jahre vor Gericht zu ersparen, um Gleichbehandlung zu erreichen. Er antwortete am 14. März 1991 und weigerte sich.

Er begründete dies damit, dass sie doch bitte Verständnis dafür haben solle, dass er während einem laufenden Verfahren nichts tun könne – dies obwohl er bereits fünf Monate vor Beginn der Verhandlungen von der Situation gewusst hatte[67]. Man erinnerte sich im Rathaus gut daran, dass GMD Celibidache wie 1984 vielleicht gehen würde, wenn Entscheidungen getroffen würden, die ihm nicht ins Konzept passten.

In ihren Gerichtsunterlagen vom 22. April 1991 legte die Stadt eine fadenscheinige Begründung ihrer Gehaltseinstufungen vor[68]. Der Wortlaut machte Frau Conant misstrauisch. Sie stellte Nachforschungen an und fand heraus, dass sie in einer niedrigeren Vergütungsgruppe war, als alle ihren männlichen Kollegen. Am 13. Mai benachrichtigte ihr Anwalt das Gericht[69].

In der Anhörung vom 7. Juni 1991 sagte die Richterin, Frau Conants Behandlung durch die Stadt sei „unanständig“[70]. Sie ordnete an, dass Frau Conant „wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgesetzes“ nach der selben Vergütungsgruppe wie ihre 15 männlichen Kollegen bezahlt werden müsse[71].

Sie entschied jedoch auch, dass Frau Conant die Höherstufung ihrer Kollegen von 1987 nicht erhalten könne. Frau Conants Gewerkschaft hätte GMD Celibidaches Kriterien für die Höherstufung einfordern und beweisen müssen, dass alle ihre männlichen Kollegen 1987 anhand dieser Kriterien gemessen worden seien. Die Gewerkschaft forderte diese Informationen trotz wiederholter Erläuterungen des Gerichts nicht ein[72]. Der Orchestervorstand war gegen ihre Herausgabe[73].

Die Richterin sagte, sie würde lieber anders entscheiden, könne dies aber nicht. Sie fügte hinzu: „Sagen sie nicht, die Rechtsprechung sei genauso schlimm wie ihr Arbeitgeber.“[74] Sie warnte davor, dass ein Bruch der Gleichbehandlungsgesetze sehr peinlich wäre und gab der Stadt und dem Orchester eine letzte Chance, zu einer außergerichtlichen Einigung zu finden. Diese lehnten dies ab.

Am 28. Oktober erschien ihre Geschichte in einem dreiseitigen Artikel in Der Spiegel, Deutschlands größtem Nachrichtenmagazin, was einen internationalen Skandal auslöste. Seither ist von der Angelegenheit regelmäßig in der internationalen Presse zu lessen[75].

„Eine unverstellt maskuline Strahlung“

Die Stadt begann damit, Herrn Celibidaches Ruf wieder aufzupolieren. Am 28. Juni 1992 ernannte Oberbürgermeister Kronawitter ihn zum Ehrenbürger der Stadt München. In der Februar/März Ausgabe 1992 der Philharmonischen Blätter, bestritt der Tutticellist und ehemalige Orchestervorstand Jörg Eggebrecht offiziell, dass GMD Celibidache eine frauenfeindliche Gesinnung habe: 

„Es kann keine Rede davon sein, dass der Maestro frauenfeindlich eingestellt wäre.“

„Sergiu Celibidache ist ein außerordentlicher Europäer, so eindrucksvoll, weil in ihm eine unverstellt maskuline Strahlung zum Ausdruck kommt, die nicht korrumpierbar ist. Und dieses hat die Welt sehr nötig, denn wir leben in einer vaterlosen Gesellschaft, einer Welt ohne Maßstäbe in diesem Punkt. Und da ist ein solcher Mann, der sich nicht korrumpieren lässt und der ganz offen zum Ausdruck bringt – gerade während des Konzerts - , was in ihm vorgeht, natürlich eine tiefbewegende Erscheinung. Zuhörer und Ausführende können mit ihm Musik noch als Offenbarung erleben.“[76

Diese Aussagen über die Notwendigkeit einer nicht korrumpierbaren maskulinen Ausstrahlung in einer vaterlosen Gesellschaft und über Herrn Celibidaches Arbeit als Offenbarung wurden von der Kultusverwaltung der Stadt München veröffentlicht. Es gab keinerlei Erklärung oder Entschuldigung für seine vielen frauenfeindlichen Aussagen. Und es gab keine Erklärung, warum Frau Conant auf eine niedrigere Gehaltsstufe als alle ihre 15 männlichen Kollegen gestellt wurde.

Frau Conant trennte sich von ihrem Gewerkschaftsanwalt, da dieser versäumt hatte, die Höherstufungsangelegenheit zu regeln und zudem eng mit dem Orchestervorstand zusammenarbeitete. Auch ihr Gewerkschaftsanwalt in den früheren Verhandlungen hatte die notwendigen Briefe zur Abwendung einer Verjährung weder selbst geschrieben noch sie informiert, dass dies von ihrer Seite her notwendig gewesen wäre. Insgesamt verlor sie so etwa 40000 DM an rückwirkenden Gehaltszahlungen[77].

Sie benutzte ihre private Rechtsschutzversicherung, um sich einen Spezialanwalt für Diskriminierungsfragen zu nehmen und legte Berufung gegen den Teil der Entscheidung ein, der die Höherstufung betraf. Die Stadt legte Berufung gegen das gesamte Urteil ein und versuchte, sie weiterhin nach einer niedrigeren Gehaltsstufe als ihre 15 männlichen Kollegen zu vergüten[78].

Am 5. Februar 1992 schrieb Frau Conants Ehemann an Frau Schreyögg von der städtischen Gleichberechtigungsstelle für Frauen und bat sie, zur Berufung der Stadt Stellung zu nehmen. Frau Schreyögg schrieb nicht zurück. Die stellvertretende Bürgermeisterin Sabine Csampai (Grüne) beantwortete ebenfalls keine der Schreiben, die Frau Conant and sie geschickt hatte. Oberbürgermeister Kronawitters Entschuldigungen dafür, nicht in ein laufendes Verfahren eingreifen zu wollen, waren nun vorbei. Er legte Berufung ein, um sie in einer niedrigeren Gehaltsstufe zu halten als alle ihre 15 männlichen Solobläserkollegen.

„Sie sind angewiesen, stellvertretende Erste zu spielen. Keine Diskussion.“

Es waren vier Jahre vergangen, seit Frau Conant ihre Position zurück gewonnen und nicht gekündigt hatte. Der Druck durch diskriminierende Arbeitsanweisungen wurde erhöht. Während der Asien Tournee 1992 teilte ihr der Bühnenmanager mit, sie habe den Auftrag, stellvertretende erste Posaune zu spielen. Sie fragte, ob jemand krank geworden sei. Er verneinte. Solohornist Eric Terwilliger, der in der Nähe stand sagte: „Tu’s nicht. Niemand von uns muss das, warum also solltest du es müssen?“ Frau Conant sagte dem Bühnenmanager, dass sie nicht spielen werde.

Etwas später kamen Orchestervorstand Deinhardt Goritski und der Verwaltungschef des Orchesters, Herr Norbert Thomas, zu Frau Conant. Herr Thomas sagte scharf: „Sie sind angewiesen, stellvertretende Erste zu spielen. Keine Diskussion.“ Frau Conant sagte: „Ich möchte das auch nicht diskutieren“, und ging.

Herr Thomas beschloss, sie zu entlassen und schickte sie zurück nach München. Er schrieb den entsprechenden Brief und schickte ihn an einen Orchestervorstand zur Zweitabzeichnung. Der Vorstand ahnte, dass die Situation zu Problemen führen könnte und rief die Gewerkschaft an, welche sagte, dass keine ausreichenden Gründe für eine Entlassung vorlägen. Der Orchestervorstand weigerte sich, zu unterschreiben[79].

In den folgenden Monaten erhielt sie mehrere Anweisungen, zweite oder stellvertretende Erste zu spielen, um ihre Kündigung zu erzwingen. Auf ihre Weigerung hin, an niedrigeren Positionen zu spielen, erhielt sie mehrere briefliche Drohungen, dass „Schritte“ gegen sie eingeleitet würden[80].

„Bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe“

Der Personalchef der Stadt München, Herr Dr. Hans Joachim Freiling, wurde vom Gericht zur Berufungsanhörung am 21. Öktober 1992 vorgeladen. Richter Schmidt erklärte ihm: „Die Angelegenheit kann nur geregelt werden, wenn sie die Wahrheit sagen.“  Er warnte ihn, dass auf Falschaussage vor Gericht bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe stünden[81]. Dies schien keine Routinewarnung zu sein.

Er fragte Dr. Freiling: „Gibt es in Frau Conants Vergütungsgruppe weitere Solobläser?“ Dr. Freiling musste zugeben, dass dies nicht der Fall war. Er musste weiterhin zugeben, dass 1987 alle Solobläser in die höchste Dienstaltersgruppe eingestuft worden waren, um Gleichbehandlung mit dem Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks herzustellen[82].

Im Gegensatz zur Gewerkschaft verlangte Frau Conants neuer Anwalt die Vorlage der Beurteilungen ihrer männlichen Kollegen, die Grundlage dieser Höherstufung im Jahr 1987 waren[83]. Diese waren jedoch wenig stichhaltig und glichen Kurzbiographien, wie man sie aus Programmheften kennt. Der Richter las einige Auszüge vor und stellte fest, dass er nicht sonderlich beeindruckt sei. Im schriftlichen Urteilsspruch wies er darauf hin, dass zwischen Referenzen von Frau Conant und denen ihrer männlichen Kollegen kein Unterschied bestehe[84].

Am 10. März 1993, dreizehn Jahre nachdem sie nach einem Probespiel hinter einem Vorhang Mitglied des Orchesters geworden war, entschied das Gericht, dass Frau Conant in die selbe Gehalts- und Dienstaltersgruppe eingestuft werden müsse, wie alle ihre männlichen Solobläserkollegen. Aufgrund einer Verjährungsklausel wurden ihr nur rückwirkende Gehaltszahlungen ab dem 1. September 1988 zugesprochen[85]. Ihr Arbeitgeber hatte jedoch in allen Punkten das Gleichberechtigungsgesetz gebrochen[86].

„Auf Kosten der Landeshauptstadt München“

Fünf Tage nach der Berufungsentscheidung wurde Frau Conant zu einem Treffen im Rathaus vorgeladen, bei dem sie und ihr Anwalt am 15. März Vertreter der Personalabteilung der Stadt, der Orchesterverwaltung und, genau wie zwölf Jahre zuvor, als ihre Zurückstufung bekannt gegeben wurde, den Bassposaunisten Robert Meissner trafen[87].

Nicht wissend, dass sie bereits plante, das Orchester zu verlassen, wurde ihr gedroht, um sie zum Rücktritt zu zwingen. (Im September 1992 hatte Frau Conant eine prestigeträchtige volle Professur an der Staatlichen Hochschule für Musik in Trossingen erhalten. Inklusive Beihilfeleistungen ist diese Position besser bezahlt als eine Solobläserstelle bei den Philharmonikern und erlaubt ihr zudem, ihre Solokarriere weiter auszubauen.)

Man zeigte ihr Zeitungsausschnitte über ihre damaligen Aufführungen von „Miriam“, einem Musiktheaterstück, das ihre Erfahrungen mit dem Orchester aufgreift, und sagte, dass sie sich Auftritte außerhalb der Münchner Philharmoniker künftig würde genehmigen lassen müssen. Frau Conant sagte, dass niemand sonst im Orchester dies müsse und dass Zensur und Schikanen nur weitere Probleme für sie (das Orchester) bedeuten würden.

Sie drohten ihr an, dass sie entlassen werde, wenn sie sich weigere, zweite oder stellvertretende erste Posaune zu spielen. Ihr Anwalt wies darauf hin, dass dies illegal wäre und sie ihre Position schnell zurück gewinnen würde.

Weiterhin nicht wissend, dass Frau Conant bereits ihre Kündigung plante, boten sie an, sich mit ihrem Anwalt zu treffen und eine Einigung auszuhandeln. Frau Conant lächelte lediglich. Als man sich verabschiedete, baten die Vertreter von Stadt- und Orchesterverwaltung sie darum, ihr Vorgehen nicht persönlich zu nehmen und gaben ihr die Hand. Frau Conant bat ihre Hand auch Herrn Meissner an, der sich jedoch zur Verlegenheit der anderen Vertreter weigerte, diese zu schütteln und zudem feststellte, dass er dazu nicht verpflichtet sei.

Ihr Anwalt verlangte eine Abfindung, eine Garantie, dass sie nur Soloposaune werde spielen müssen, und die Auszahlung der rückwirkenden Gehaltszahlungen zum 31. Mai 1993. Zu guter Letzt verlangte er eher symbolisch, dass man sie von ihrer Arbeit „auf Kosten der Landeshauptstadt München“ freistelle, damit sie als Gastsolistin ihr Stück „Miriam“ bei der International Women’s Brass Conference in Saint Louis/Missouri vorstellen könne[88].

Eine Kritik in der St. Louis Post-Dispatch vom 31. März 1993 berichtet, dass das Publikum von Frau Conants Geschichte gewusst habe und dass die Reaktionen auf Ihre Aufführung „ekstatisch“ gewesen seien[89]. Nach der Aufführung erhielt sie Einladungen, an verschiedenen wichtigen amerikanischen Universitäten zu sprechen und aufzutreten.

1993 wurde der Personalchef der Stadt München ausgewechselt und alle fünf Orchestervorstände stellten sich nicht zur Wiederwahl. Frau Conant war bis zu ihrem Austritt die einzige weibliche Soloblechbläserin in Deutschland.

In ihrem ersten Jahr als Professorin jedoch bestand ihre Klasse zu 40% aus talentierten jungen Posaunistinnen. Eine von ihnen gewann einen wichtigen internationalen Wettbewerb und die Soloposaunenstelle in der Dortmunder Staatsoper. Dieser Artikel kann nicht annähernd beschreiben, wie sehr Frau Conant gelitten hat. Sie hofft jedoch, dass ihr langer Kampf dazu beiträgt, dass jungen Musikerinnen als gleichwertige menschliche Wesen behandelt werden.

 

Ein Überblick über Schlüsselereignisse und Daten

  Die Verhandlungen zur Rückgewinnung ihrer Soloposition

19. Juni 1980: Abbie Conant gewann das Probespiel um die Soloposaune bei den Münchner Philharmonikern. Ihre Einladung war adressiert an einen Herrn Abbie  Conant. Die erste Runde fand hinter einem Vorhang statt und man wusste deshalb nicht, dass sie eine Frau war. Sie setzte sich gegen ihre 32 männlichen Mitbewerber durch. Seither benützen die Münchner Philharmoniker für Probespiele keine Vorhänge mehr.

September 1982: Celibidache stufte Conant auf die zweite Posaune zurück. Sie hatte in keiner Probe ungewöhnliche Kritik zu hören bekommen und auch die gesetzlich vorgeschriebenen Abmahnungen nicht erhalten.

11. November 1982: In der Hoffnung, zu einem Kompromiss zu gelangen, fragte Conant GMD Celibidache nach den Gründen ihrer Zurückstufung. Er sagte:

              „Sie kennen das Problem. Wir brauchen einen Mann für die Soloposaune.“

29. März 1984: Nach drei Anhörungen innerhalb von drei Jahren gewann Conant das Gerichtsverfahren, in dem ihr ihre Stelle wieder zugesprochen wurde, da keine stichhaltige Kritik vorgebracht wurde. Die Stadt legte Berufung ein. Conant musste weiter zweite Posaune spielen bis das Berufungsverfahren abgeschlossen war.

September 1988: 8 Jahre nach ihrem Eintritt in das Orchester gewann Conant das Berufungsverfahren und erhielt ihre Stelle zurück. Sie spielte vor einem Gerichtsgutachter (Prof. Heinz Fadle von der Musikhochschule Detmold und ehemaliger Präsident der Internationalen Posaunenvereinigung). Die Prozedur, der ein Vertreter der Stadt beiwohnte, wurde aufgenommen. Nach einem äußerst anspruchsvollen Testverfahren erklärte der Gutachter, dass sie in vollster Weise dazu in der Lage, Soloposaune bei den Münchner Philharmonikern zu spielen.

 

Die Verfahren zur gehaltlichen Gleichstellung

14. August 1990: Nach dem Gewinn des Verfahrens wurde Conant in eine niedrigere Vergütungsgruppe eingestuft als alle ihre 15 männlichen Kollegen auf Solobläserpositionen. Diese verdienten monatlich 1100DM mehr als sie.

7. Juli 1990: Auf ihre Forderung nach gleichem Gehalt hin sagte die Gleichberechtigungsstelle, dass es „übernatürlicher Kräfte bedürfe, um einen selbstzufriedenen Patriarchen wie Celibidache zu ändern“ und empfahl zu „warten, bis ein neuer frauenfreundlicher GMD das Ruder übernimmt“.

5. November 1990: Conant traf sich mit der städtischen Personalabteilung und der Verwaltung der Münchner Philharmoniker, um gleiche Bezahlung wie ihre 15 männlichen Kollegen zu fordern. Beide Stellen lehnten dies ab.

14. März 1991: Oberbürgermeister Kronawitter, von der Diskriminierung durch einen Brief informiert, weigerte sich einzuschreiten und sie in die gleiche Vergütungsgruppe einzustufen wie ihre 15 männlichen Kollegen.

7. Juni 1991: Conant gewann das Verfahren gegen die Stadt München (ihre Arbeitgeberin) und wurde aufgrund deren Bruchs des Gleichbehandlungsgesetzes in die selbe Vergütungsgruppe eingestuft. Die Stadt legte Berufung ein und versuchte, sie weiterhin in einer niedrigeren Vergütungsgruppe zu halten wie ihre 15 männlichen Solobläserkollegen.

10. März 1993: Conant gewann das Berufungsverfahren und wurde nach 13 Jahren in die selbe Vergütungsgruppe eingestuft und erhielt den selben Dienstalterszuschlag wie ihre männlichen Kollegen auf gleichen Positionen.

Fußnoten:


[1] Brief der Münchner Philharmoniker an Abbie Conant vom 22. Mai 1980.

[2] Heinz Höfl, „Aus dem Blech gefallen“, Der Spiegel, Nr. 44/45, 28. Oktober 1991, S. 89.

[3] Zeugenaussagen von Musikern der Münchner Philharmoniker.

[4] Hugo Magliocco, „A Special Endurance“, International Trombone Association Journal, Vol. 20, No. 2, Frühjahr 1992, S. 28.

[5] Personalliste beider Orchester.

[6] Personalliste des Orchesters.

[7] Personalliste der Münchner Philharmoniker. Siehe auch Hannes Hintermaier, „Celi will keine Frau an der Posaune“, Abendzeitung München, 29. Oktober 1991, S. 16.

[8] Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern (TVK) 41.

[9] Letzter Urteilsspruch, Conant gegen LH München, AGM Aktz: 2 Ca. 7022/82, 12. April 1984.

[10] Letzter Urteilsspruch, Conant gegen LH München, AGM Aktz:2 Ca. 7022/82, 12. April 1984.

[11] Beate Berger, „Frauen müssen freundlicher sein“, Frankfurter Rundschau am Wochenende, 30. November 1991, S. ZB 5; siehe auch Letzter Urteilsspruch, Conant gegen LH München, AGM 13 Ca 50/91, 7. Juni 1991, S. 6. 

[12] Ein Brief von Frau Conants Rechtsanwalt vom 1. Juli 1982 bestätigt, dass er dies als ernsthaftes Problem ansah. Sein Bericht an die Deutsche Orchestervereinigung vom 17. Dezember 1982 über das Treffen der Stadt und des Orchesters am 15. Dezember 1982 bestätigt, dass es zum Teil diese Sorge war, die Frau Conant zu einem Kompromissvorschlag bewegte.

[x13] Brief der Verwaltung der Münchner Philharmoniker vom 7. Dezember 1982.

[14] Bericht von Frau Conants Rechtsanwalt an die Deutsche Orchestervereinigung vom 17. Dezember 1982.

[15] Brief des Orchesters an Conant vom 27. Dezember 1982 sowie Conants schriftliche Antwort vom 31. Dezember 1982.

[16] Letzter Urteilsspruch, Conant gegen LH München, AGM Aktz: 2 Ca 7022/82, 18. Juli 1984.

[17] Ibid.

[18] Schriftsatz, Conant gegen LH München, AGM Aktz: 2 Ca 7022/82, 3. Februar 1983.

[19] Medizinisches Gutachten des Zentralkrankenhauses Gauting vom 13. Juni 1983 für das AGM, Conant gegen LH München, Aktz. 2 Ca 7022/82 Ziff. IV 1 Nr. 1 u. 2.

[20] Letzter Urteilsspruch, Conant gegen LH München, AGM Aktz: 2 Ca 7022/82, 12. April 1984.

[21] Schriftsatz, Conant gegen LH München, AGM Aktz: 2 Ca 7022/82, 20. Mai 1983.

[22] Urteilsspruch, Conant gegen LH München, AGM Aktz. 2 Ca 7022/82, 16. Juni 1983.

[23] Letzter Urteilsspruch, Conant gegen LH München, Aktz. 2 Ca 7022/82, 12. April 1984.

[24] Marianne Reißinger, „Vorletzter Akt im Celibidache-Drama?“, Abendzeitung München, 14. November 1984, S. 7.

[25] Am 22. Oktober 1991 bat ich den Oberbürgermeister von München, Herrn Celibidache zu bitten, diese Aussage zurückzunehmen. Er weigerte sich. 

[26] Brief von Mitgliedern der Münchner Philharmoniker an die Orchesterverwaltung vom 24. Juni 1991.

[27] Bestätigt in einem Brief der Zeugin Beth Woodside an den Autor vom 15. Januar 1991.

28] Hans Richard Stracke, „Kritiker sind Flaschen mit Sauerkraut-Ohren“, Abendzeitung München, 10. November 1984.

[29] LH München gegen Conant, Aktz: 5 Sa 639/84, 17. September 1984.

[30] Brief von Yoav Talmi vom 17. November 1981.

[31] Urteilsspruch, LH München gegen Conant, LAG Aktz: Sa 639/84, 6. März 1985.

[32] Ibid.

[33] Schriftsatz, LH München gegen Conant, LAG Aktz: 5 Sa 639/84, 15. Mai 1985.

[34] Schriftsatz, LH München gegen Conant, LAG Aktz: 5 Sa 639/84, 21. Mai 1985.

[35] Brief von Prof. Schreckenberger vom 3. März 1986.

[36] Brief von Prof. Schreckenberger vom 22. April 1986.

[37] Schriftsatz, LH München gegen Conant, LAG Aktz: 5 Sa 639/84.

[38] Brief von Prof. Schreckenberger vom 1. Juni 1986. LH München gegen Conant, Aktz: 5 Sa 639/84.

[39] Schriftsatz, LH München gegen Conant, LAG Aktz: 5 Sa 639/84, 18. Mai 1987.

[40] Schriftliche Benachrichtigung vom 21. Mai 1987, die Frau Conant von den Münchner Philharmonikern erhielt.

[41] Brief von Prof. Schreckenberger vom 2. Juli 1987.

[42] LH München gegen Conant, LAG Aktz: 5 Sa 639/84, 14. Dezember 1987.

[43] Brief von Prof. Michael Stern vom 20. Dezember 1987.

[45] Gutachten von Prof. Heinz Fadle vom 27. Februar 1987 für LH München gegen Conant, LAG Aktz: 5 Sa 639/84.

[46] Letzter Urteilsspruch, LH München gegen Conant, LAG Aktz: 5 Sa 639/84, 13. August 1990.

[47] Protokoll, AGM Aktz: 13 Ca 14072/88, 1.. Januar 1989.

48 Brief der LH München an Frau Conants Anwalt vom 15. September 1988.

49 Ein Brief von Conants Anwalt an die LH München vom 8. September 1988 stellte fest, dass es keine Berufungsmöglichkeit beim Bundesgericht gebe.

50 Brief der LH München an die Deutsche Orchestervereinigung vom 4. Juli 1990; Letzter Urteilsspruch, AGM Conant gegen LH München, Aktz: 13 Ca 50/91, 24. Juni 1991.

51 Brief des Orchestervorstandes Wolfgang Stingl and Frau Conant vom 3. Dezember 1991.

52 Protokoll, Conant gegen LH München, LAG Aktz: 2 (1) Sa 437/91, 21. Oktober 1992.

53 Vergütungstabellen für Musiker der Münchner Philharmoniker, 11. Tarifvertrag vom 24. August 1992.

54 Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern §22; Brief der Deutschen Orchestervereinigung an das AGM vom 21. Dezember 1990.

55 Die Anweisungen zweite oder stellvertretende erste Posaune zu spielen wurden oft mündlich erteilt, sind aber auch in mehreren Briefen der LH München an Conant festgehalten, beispielsweise in den Schreiben vom 21. Februar 1989 und vom 5. April 1990 sowie in den letzten Schreiben vom 9. Februar, 1. März und 9. März 1993.

56 Eine detaillierte Beschreibung ihrer Diskriminierung wird in einem Schreiben ihres Rechtsanwaltes an die LH München vom 25. Februar 1993 dargelegt.

57 Dies wird in ihrem Schreiben vom 12. Juli 1990 an die Gleichstellungsstelle für Frauen und in einem Brief ihres Ehemanns vom 25. Februar an den Oberbürgermeister klargestellt.

58 Letzter Urteilsspruch, Conant gegen LH München, LAG Aktz.: 13 Ca 50/91, 24. Juni 1991.

59 Schriftsatz, Conant gegen LH München, AGM Aktz: 13 Ca 14072/88, 29. August 1990.

60 Herr Schmidt erstellte am 2. Mai 1989 einen Brief mit diesen Vorschlägen, der von allen drei Soloposaunen unterschrieben wurde. Eine von Herrn Bovin unterschriebene Bestätigung beweist, dass er diesen Brief bei den Münchner Philharmonikern abgegeben hat. 

61 Hugo Magliocco, „A Special Endurance“, International Trombone Association Journal, Vol. 20, Nr. 2, Frühjahr 1992, S. 2.

62 Heinz Hofl, „Aus dem Blech gefallen“, Der Spiegel, Nr. 44/45. Jahrgang, 28. Oktober 1991, S. 93.

63 Dies waren die Referenzen, die 1983 von Gericht verwendet wurden; Schriftsatz, Conant gegen LH München, AGM Aktz: 2 Ca 7022/82, 20. Mai 1983.

64 Brief der Deutschen Orchestervereinigung an die LH München vom 11. Dezember 1990.

65 Schriftsatz, Conant gegen LH München, AGM Aktz: 13 Ca 50/91, 23. Januar 1991.

67 Die Gleichstellungsbehörde besprach sie im Sommer 1990 mit ihm und die Verhandlungen begannen erst am 23. Januar 1991. Frau Conants erste Beschwerdebriefe wurden ein ganzes Jahr vor Verhandlungsbeginn an die Münchner Philharmoniker geschickt und von dort an das Kultusministerium und die Personalleitung weitergeleitet. Am 11. Dezember 1990 warnte Frau Conants Anwalt die Stadt schriftlich, dass er aufgrund einer Verjährungsklausel erneut vor Gericht gehen müsse, falls man nicht antworte.

68 Schriftsatz, Conant gegen LH München, AGM Aktz: 1 Sa 437/91, 22. April 1991.

69 Schriftsatz, Conant gegen LH München, AGM Aktz: 13 Ca 15/91, 13. Mai 1991.

70 Heinz Hofl, „Aus dem Blech gefallen“, Der Spiegel, Nr. 44/45. Jahrgang, 28. Oktober 1991, S. 93.

71 Letzter Urteilsspruch, Conant gegen LH München, AGM Aktz: 13 Ca 50/91, 24. Juni 1991, S. 11.

72 ibid., S. 17-18

73 Brief des Personalrats der Münchner Philharmoniker an Conant vom 3. Dezember 1991, unterschrieben von Orchestervorstand Wolfgang Stingl.

74 Heinz Hofl, „Aus dem Blech gefallen“, Der Spiegel Nr. 44/45. Jahrgang, 28 Oktober 1991, S. 93.

75 Sie war die Titelgeschichte in drei Publikationen: The International Trombone Association Journal, The Trombonist (Zeitschrift der Britischen Posaunenvereinigung) und Frau und Musik (des Internationalen Arbeitskreises e.V.). Große Artikel erschienen auch in der Frankfurter Rundschau, Vrij Nederland (einem der größten Magazine in den Niederlanden), Munich Found (einer monatlichen Münchner Zeitschrift in englischer Sprache), München Journal, Tonfallet (einem angesehenen schwedischen Magazin), Musik und Theater (einer Schweizer  Publikation), Abendzeitung München, Badische Zeitung, Berliner Illustrierte Zeitung, Die Rheinpfalz, The St. Loius Post Dispatch, sowie in der Washington Post und dem Wall Street Journal. Weiterhin strahlten der Südwestfunk und der Bayerische Rundfunk sowie das National Public Radio in den USA ausgiebige Berichte aus. 3SAT produzierte 1995 einen 90-minütigen Dokumentarfilm, der zwei Mal deutschlandweit gesendet wurde.

76 Jorg Eggebrecht, “Reise ins Herz”, Philharmonishe Blatter 91/92 Jahrgang 7, Heft    6, Febuary/March 1992, p.14.

77 Bestätigt in Briefen der Deutschen Orchestervereinigung an Frau Conant vom 20. Dezember 1988 und vom 15. Februar 1991. Aus diesem Grund konnte ihren männlichen Kollegen Gehaltsstufe IV rückwirkend zugestanden werden.

78 Schriftsatz, Conant gegen LH München, AGM Aktz: 1 Sa 437/91, 30. Oktober 1991.

79 Der Orchestervorstand, der Frau Conant über diese Details informierte, wünscht anonym zu bleiben.

80 Briefe der LH München/Münchner Philharmoniker an Frau Conant vom 9. Februar, 1. März und 9. März 1993.

81 Protokoll, Conant gegen LH München, LAG Aktz: 2 (1) Sa 437/91, 21. Oktober 1992, S. 2.

82 ibid., S. 2-6. Die Information wird außerdem in einem Beschluss des Personalausschusses der Stadt vom 10. Februar 1987 bestätigt.

83 Diese wurden in Form eines Briefes des Orchestervorstandes der Münchner Philharmoniker an den Personalchef der LH München vom 10. Dezember 1986 vorgelegt.

84 Letzter Urteilsspruch, Conant gegen LH München, Aktz: 2 (1) Sa 437/91, 10. März 1993.

85 Urteilsspruch, Conant gegen LH München, Aktz: 2 (1) Sa 437/91, 10. März 1993.

86 ibid.

87 Brief der LH München an Frau Conant vom 1. März 1993.

88 Abfindungsvertrag zwischen Abbie Conant und der LH München vom 2. April 1993. In Deutschland gibt es keine Gesetze, die Opfern von rassistischer oder frauenfeindlicher Diskriminierung Schadenersatzzahlungen zugestehen.

89 James Wierzbicki, „A Piercing Excerpt From „Miriam““, St. Louis Post-Dispatch, 31. Mai 1993. S. 5A.

 

 

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