Das Orchester, September 2007 (S. 32-35)
Nadine Dietrich
HERR-LICHE ORCHESTER?
Über die Situation von Frauen im Orchester
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Zwischen 0,8 und 32 Prozent - so groß sind die Schwankungen des Frauenanteils in deutschen und österreichischen Kulturorchestern. Noch immer gilt: je höher Einkommen und Ruf des Orchesters, desto weniger Frauen sind engagiert. Doch die "Damen Musikerinnen" beginnen sich durchzusetzen.
Die Wiener Philharmoniker gelten als das beste Orchester der Welt, sie verdienen so gut wie sonst keiner in ihrem Metier. Und auch was ihre Frauenquote betrifft, sind sie einsame Spitze: 0,8 Prozent. An dieser Quote hat sich in den vergangenen zehn Jahren, seit Frauen 1997 erstmals in dem heute 165 Jahre alten Musikerverein zugelassen wurden, nichts geändert - genau eine Frau darf sich zurzeit Wiener Philharmonikerin nennen: die deutsche Harfenistin Charlotte Balzereit. Dass sich das Orchester aus innerer Überzeugung heraus für Frauen öffnete, ist zweifelhaft - sicher dagegen ist, dass es massive öffentliche Proteste gegen die frauenfeindliche Einstellung der Philharmoniker gab und Musikerinnen es noch immer schwer haben, in das Orchester der Wiener Staatsoper aufgenommen zu werden - und aus diesem rekrutieren sich die Wiener Philharmoniker vollständig.
Seit 1997 absolvierten nach Angaben von Betriebsrats- obmann Michael Bladerer 35 Männer und sechs Frauen ein Probejahr bei der Wiener Staatsoper. Von den sechs Frauen fielen zwei durch, vier wurden fest engagiert: eine Harfenistin und drei Streicherinnen. Nachdem sie das übliche Probejahr bei der Staatsoper absolviert und weitere zwei Jahre sowohl in der Staatsoper als auch bei den Wiener Philharmonikern gespielt hatten, wurden alle Männer in den Verein der Wiener Philharmoniker aufgenommen, so Bladerer. Nicht so die vier Frauen: Einzig die Harfenistin Charlotte Balzereit durfte Philharmonikermitglied werden und hat dadurch offiziell Mitspracherechte sowie Anspruch auf eine zusätzliche, lukrative Pension. Die Bratschistin Ursula Plaichinger und die Cellistin Ursula Wex erfüllen zwar ebenfalls die offiziellen Aufnahmekriterien des Musikervereins, doch der nahm auch dieses Jahr wieder nur drei Männer auf.
Aber nicht nur Frauen haben es schwer, sondern auch Asiaten. Der einzige Asiate, der je ein Probespiel bei der Wiener Staatsoper gewann, war auch der einzige Mann, der in den vergangenen zehn Jahren durch das Probejahr fiel: der japanische Tubist Yasuto Sugiyama. Er setzte sich wenig später gegen 400 Mitbewerber durch und spielt jetzt im Cleveland Symphony Orchestra unter dem Chefdirigenten Franz Welser-Möst. Stören Asiaten das Bild als "österreichisches Orchester"?
Auswahl nach Geschlecht und Herkunft?
Heute würde das wohl kein Philharmoniker mehr öffentlich behaupten, vor elf Jahren sah das anders aus. Da sagte der noch heute amtierende Geschäftsführer der Wiener Philharmoniker Dieter Flury dem Radiosender WDR 5, "dass eben die Art, wie hier musiziert wird, sehr viel mit der Seele zu tun hat, und die Seele lässt sich einfach nicht trennen von den kulturellen Wurzeln und auch nicht vom Geschlecht". Und weiter: "Wenn man der Ansicht ist, dass die Welt nach Quotenregelungen funktionieren sollte, dann ist natürlich die Tatsache, dass wir hier eine Gruppe von weißhäutigen, männlichen Musikern sind, die ausschließlich weißhäutige, männliche Komponisten aufführen, ein rassistisches und sexistisches Ärgernis" - das müsse aber, so Flury, im Gegenzug für einzigartige Musik akzeptiert werden.
Diese Äußerungen hatte der in Trossingen lebende US-amerikanische Komponist William Osborne ins Englische übersetzt und ins Internet gestellt und damit einen Proteststurm in den USA ausgelöst. Zusammen mit Musikwissenschaftlerinnen und Musikerinnen aus Österreich erreichten US-amerikanische Frauenverbände, dass sich ab 1997 endlich auch Frauen bei der Wiener Staatsoper bewerben dürfen. "Die Einstellung von Musikerinnen ist dann aber wieder eine andere Sache", sagt der österreichische Grünen-Abgeordnete Wolfgang Zinggl. Zehn Jahre nach der Zusicherung der Wiener Staatsoper/Philharmoniker, auch Frauen bei Bewerbungen zu akzeptieren, zog der Kulturpolitiker Bilanz: Eine Frauenquote von 0,8 Prozent bei den Wiener Philharmonikern, das sei praktisch keine Quote. "Wir wollen, dass dort alles mit rechten Dingen zugeht", sagte Zinggl und fragt, warum bei der staatlich voll finanzierten Wiener Staatsoper und den mit jährlich 2,2 Millionen Euro subventionierten Philharmonikern noch immer nicht annähernd Gleichberechtigung von Frauen und Männern herrscht - er hat diesbezüglich schon mehrfach politische Anfragen an die österreichische Regierung gestellt, doch ebenso wie bei den österreichischen Medien stieß Zinggl auf wenig Interesse: "Die Philharmoniker sind so eine Art mythologischer österreichischer Schatz, da darf man auf keinen Fall dran rühren, man will sich ja nicht selbst beschädigen." Obwohl erst Anfang des Jahres wieder einer Frau nach dem Probejahr gekündigt wurde und einer weiteren ein Probespiel versagt wurde, ist der grüne Kulturpolitiker Zinggl optimistisch. Er habe das Gefühl, "viele Musiker wollten das Thema endlich weghaben, nur die Orchesterleitung ist immer noch sehr konservativ".
Je höher die Bezahlung, desto weniger Musikerinnen im Orchester
Wie in Österreich gilt auch in Deutschland: je höher Ansehen, Einkommen und Reisetätigkeit eines Orchesters, desto weniger Musikerinnen sind engagiert. Gerade in den besonders hoch vergüteten Rundfunk-Sinfonieorchestern und in namhaften Konzertorchestern stellen Frauen knapp ein Fünftel des jeweiligen Ensembles - in städtischen Theaterorchestern mit niedrigeren Einkünften dagegen ein Drittel. Das ist das Ergebnis einer groß angelegten Untersuchung zum Berufsbild "Orchestermusiker" der Musikhochschule Freiburg im Jahr 2005.[1] So haben beispielsweise heute die Berliner Philharmoniker eine Frauen- quote von zwölf Prozent - der Bundesdurchschnitt in Orchestern liegt dagegen bei 27 Prozent.
Ein weiteres Ergebnis der Freiburger Studie unter fast 9 000 deutschen Orchestermitgliedern: Musikerinnen sind nicht annähernd gleichmäßig auf die Orchesterinstrumente verteilt. Ein Blick in die aktuelle Probespielstatistik zeigt:[2] Heute sind 90 Prozent aller Harfen in deutschen Kulturorchestern in Frauen hand, ebenso 55 Prozent aller Querflöten und 43 Prozent aller Violinen - aber nur sieben Prozent aller Klarinetten, zwei Prozent aller Trompeten und ein Prozent aller Posaunen werden von Frauen gespielt.
Sybille Mahnte ist eine von nur 23 Solo-Hornistinnen in ganz Deutschland, sie spielt im Frankfurter Museumsorchester. Sie sagt, auch wenn das Klima in ihrer Stimmgruppe hervorragend sei, sei das Vorurteil weit verbreitet, dass eine kleine junge Frau so ein Instrument nicht gut beherrschen könne, weil ihr die Kraft dazu fehle. Um Diskriminierungen zu vermeiden, ist es in den USA üblich, keine Namen in die Bewerbung zu schreiben und alle Probespielrunden hinter einem Vorhang abzuhalten. Als Folge haben US-amerikanische Orchester Frauenquoten von bis zu über 40 Prozent. Derart strenge Auflagen haben sich in Deutschland noch nicht durchgesetzt.
Die Cellistin Anja Schröder, die seit 13 Jahren bei den Duisburger Philharmonikern spielt, würde geschlechtsneutrale Bewerbungen wie in den USA begrüßen, weil dann ausschließlich auf die musikalische Qualität geachtet werde. Sie kam durch eine persönliche Erfahrung zu dieser Einschätzung: "Ich bin zu einem Probespiel gekommen und die Pianistin, die alle Bewerber begleitet, hat mich angeguckt und gesagt: ,Sie können gleich wieder nach Hause fahren, die wollen hier keine Frauen/ Da spielte es sich besonders motiviert." Eniete Trappe, Geigerin im Frankfurter Museumsorchester, dagegen ist sich sicher, die Frauenquote werde in Zukunft weiter steigen, wenn auch aus einem wenig erfreulichen Grund: "Je stärker die Städte an ihren Orchestern sparen, desto unbeliebter werden die Jobs bei den Männern." Gerald Mertens, Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung (DOV), dagegen sagt, er habe nicht den Eindruck, dass bei der Kandidatenauswahl das Geschlecht heute noch eine Rolle spiele. Er gehe davon aus, dass der Frauenanteil weiter steigt, nicht zuletzt auch deswegen - und hierin bestätigt er Trappes Eindruck ~, weil der Orchestermusiker-Beruf für Männer aus finanziellen Gründen zunehmend unattraktiv wird.
Anfeindungen und Annäherungen Doch auch eine hohe Frauenquote - bei den Duisburger Philharmonikern liegt sie zum Beispiel bei 31 Prozent - garantiert nicht, dass es Frauen in Orchestern leicht haben. Seit die 40- jährige Cellistin Anja Schröder vor Jahren einen Frauenförderplan bei den Duisburger Philharmonikern umsetzen wollte, fühlt sie sich von einem Teil des männlichen Orchesterkollegiums oft angefeindet, bis hin zu Situationen, in denen sie sich körperlich bedroht fühlt, sagte sie im März in einem Deutschlandfimk-Interview.[3] Ihr "Outing" als Feministin sei ihr - nicht von allen, dafür aber von einigen Kollegen um so mehr - sehr übel genommen worden, sagt Schröder. Ein Kollege habe sie einmal während einer Aufführung am Arm gepackt und ihr ins Ohr geschrien, weil ihm ihre Meinung nicht passte, andere Männer geben ihr das Gefühl, "die rennen mich über den Hau fen, wenn ich nicht rechtzeitig zur Seite springe", berichtete Anja Schröder. Die Deutschlandfunk-Sendung sorgte für viel Ärger im Orchester. "Das ist eine absolute Einzelmeinung", betont die Sprecherin des Duisburger Orchestervorstands Annelie Haenisch-Göller. Sie teilt auch nicht Anja Schröders Einschätzung zur mangelnden Gleichbehandlung von Frauen und Männern bei der Bewerbung um höhere Positionen. Schröder meint: "Wenn eine Frau Führungsqualitäten zeigt, also dass sie eine Gruppe führen kann, dann heißt es schnell, die Frau ist zickig, die wollen wir nicht. Bei einem Mann dagegen würden alle applaudieren: ,Der ist toll, der bringt endlich mal die Gruppe auf Trab!"' Annelie Haenisch-Göller sagt, die Reduzierung der "Rempeleien" auf "bloße Mann-Frau-Konflikte" sei nicht sachgemäß, es gebe grundsätzlich in allen Orchestern Spannungen unabhängig vom Geschlecht.
Der Duisburger Intendant Alfred Wendel sagte, er sei von Anja Schröders Schilderungen im Deutschlandfunk "erstaunt und erschüttert" gewesen. Um einmal grundsätzlich über das Verhältnis zueinander zu sprechen, hat er Anja Schröders Cello- gruppe als erste Stimmgruppe des Orchesters eine Mediation angeboten. Dass derart professionell geleitete Gruppengespräche die Leistung und die Stimmung nachhaltig verbessern, diese Erfahrung haben schon einige Orchester gemacht. Die Wiener Volksoper beispielsweise hat deshalb eine Frau zur Orchesterbüroleiterin berufen, die eine Zusatzausbildung zur Lebens- und Sozialberatung hat - auch wenn Gabriela Preger die Mediationen selbstverständlich nicht selbst leitet, fördert sie diese in ihrem Orchester. Wie zunächst in Wien gibt es auch in Duisburg große Vorbehalte. Intendant Wendel gesteht, dass "einige Kollegen sehr ärgerlich" deswegen sind. Ob die Mediation tatsächlich stattfindet, war bis Redaktionsschluss offen.
Anja Schröder jedenfalls würde es als einen Riesenfortschritt betrachten, "denn bisher wurde das Thema Gleichbehandlung komplett totgeschwiegen".
Doppelbelastung: Musikerin und Mutter
Viele Musikerinnen sagten im Gespräch, sie wünschten sich von ihren Kollegen mehr Verständnis für die Doppelbelastung als Musikerin und Mutter. Imke Alers, stellvertretende Solo-Oboistin bei den Duisburger Philharmonikern und Mutter dreier Kinder, meint ganz generell zum Verhältnis Musikerinnen/Musiker: "Ich mag den Männern Unrecht tun, aber ich glaube, generell fragen die sich schon: Warum wollen Frauen Kinder und Job? Ich glaube, davon können sich die wenigsten freimachen." Auch andere Musikerinnen berichteten, dass sich diese unbewusste Grundeinstellung bei familienbedingten Leistungstiefs bemerkbar mache - zum Beispiel, dass mit den betroffenen Kolleginnen nicht mehr gesprochen werde oder die Bereitschaft sinke, Dienste zu tauschen. Die Sprecherin des Duisburger Orchestervorstands Annelie Haenisch-Göller dagegen sagt, sie habe auch zwei Kinder und nie den Eindruck gehabt, dass "meine Kollegen mich deshalb hassten. Die haben klaglos meine Dienste übernommen." Inzwischen, so Haenisch-Göller, sei es in Nordrhein-Westfalen auch gesetzlich vorgeschrieben, dass das Gehalt der Musikerinnen, die in den Mutterschutz gehen, für eine Aushilfe verwendet werden muss. Doch alltägliche Praxis scheint das noch nicht zu sein: Die Anwälte der DOV haben oft Streitigkeiten zu schlichten, in denen es darum geht, wie lange eine schwangere Musikerin noch im Orchester spielen darf, denn oftmals hängt davon die Gruppenstimmung ab. "Es gibt Musikerinnen, die ihre Schwangerschaft erst melden, wenn sie nicht mehr zu übersehen ist, andere melden sie so früh wie möglich", sagt die Duisburger Oboistin Imke Alers, "und dann kommt es natürlich zu Unstimmigkeiten, weil die Orchestermitglieder unterschiedlich lange die Dienste übernehmen müssen."
Gerald Mertens von der DOV erklärt: Es gibt Gewerbeaufsichten, die die Musikerin ab Bekanntwerden der Schwangerschaft sofort aus dem Dienst nehmen, andere dagegen halten sich streng an die gesetzlichen Vorgaben: Spielpause ab dem 5. Monat. Und wieder andere Behörden lassen die werdende Mutter so lange spielen, wie es ihr gut geht. Mindestens sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt muss sie Zuhause bleiben.
Viele schwangere Musikerinnen müssen deshalb mithufe von Anwälten gegen die Gewerbeaufsicht oder ihre Orchesterleitung klagen, um so lange wie möglich spielen zu dürfen, und sie bekommen dieses Recht auch zugesprochen. Der Umweg über den Anwalt ist notwendig, weil Mütter nur selten die Entscheidungen des Orchesters selbst beeinflussen können - sie sind zu wenig in den Vorständen vertreten, so Gerald Mertens. Der Dienstbetrieb muss mit Schule oder Kindergarten in Einklang gebracht werden, Wochenendvorstellungen, Tourneen und Proben in Zeiten des Tages, in denen die Kinder zuhause sind - zusätzliches Engagement ist kaum zu leisten.
Die 28-jährige erste Geigerin Almut Frenzel vom Frankfurter Museumsorchester kann das bestätigen - sie hat noch keine Kinder und wurde kürzlich in den Orchestervorstand gewählt. Sie sagt, viele Kolleginnen hätten sich nicht zu Wahl gestellt, weil sie kleine Kinder hätten: "Es gibt viele, die zwei, drei Kinder haben. Allein in meiner Geigengruppe gibt es mindestens zehn Kinder, die unter fünf Jahren sind." Als einzige Frau zwischen vier Männern im Orchestervorstand hat sich deshalb gleich eines Themas angenommen, das auch die männlichen Kollegen zunehmend interessiert: ein Kindergarten für die Beschäftigten der Frankfurter Oper. "Die Nachfrage ist groß, aber wie immer hapert es am Geld."
Die große Zahl von jungen Müttern in den Orchestern scheint das Vorurteil zu bestätigen, dass Musikerinnen tatsächlich häufig ausfallen. Die "plötzlich" hohe Zahl von Müttern hat ihre Ursache darin, dass erst seit zehn Jahren deutlich mehr Frauen in den Orchestern eingestellt werden - wenn sie in Zukunft kontinuierlich engagiert werden, "ballen" sich auch die Schwangerschaften nicht mehr wie momentan. Bei den Recherchen fiel außerdem auf, dass kaum eine Musikerin mit ihrem Kind ein ganzes Jahr zuhause bleibt. Auch nicht bei Orchestern, die ganz selbstverständlich Aushilfen stellen wie die Berliner Philharmoniker. Eva-Maria Tomasi, zweite Geige, sagt: "Bei uns braucht niemand den Dienst auffängen und auch kein schlechtes Gewissen zu haben." Auch sie und ihr Ehemann, ebenfalls Philharmoniker, müssen zusehen, dass ihre zwei Kinder während der Arbeitszeiten betreut werden - aber immerhin können sich alle Orchestermitglieder Kinderfrauen und Babysitter leis ten. Eva-Maria Tomasi, die lange Zeit Gleichstellungsbeauftragte der Berliner Philharmoniker war, sagt: "Der, der am besten spielt, bekommt die Stelle." Trotzdem sind die Bläser der Philharmoniker noch heute eine Männerbastion: zwischen den 37 Männern spielen lediglich eine Flötistin und eine Hornistin. Und selbst in der 60 Personen zählenden Streichergruppe befinden sich gerade zehn Frauen. Die Frauenquote sei so niedrig, weil die Berliner Philharmoniker sich erst so spät für Frauen öffneten und ein Orchester nur langsam sein Personal wechseln könne, sagt die gebürtige Salzburgerin. Sie war 1990 übrigens die dritte Frau, die von den Berliner Philharmonikern fest engagiert wurde.
Tendenz: Heiter bis wolkig
Seitdem hat sich langsam, aber stetig einiges verbessert. 2005 entsprach der Frauenanteil bei Bewerbungen auf freie Orchesterstellen endlich den Ausbildungszahlen in Orchesterinstrumenten an den Musikhochschulen: 50 Prozent. Die Frauen trauen sich endlich, sich zu bewerben, weil die Aussichten auf eine Anstellung deutlich gestiegen sind. Wer hohe Streich- und Holzblasinstrumente studiert hat, hat als Frau Chancen, Karriere zu machen. Ein Viertel aller Führungspositionen sind dort inzwischen mit Musikerinnen besetzt - Tendenz steigend. Dagegen wurde in den vergangenen vier Jahren deutschlandweit nicht eine einzige Frau im schweren Blech engagiert - das hat die DOV bei einer Umfrage unter 135 Orchestern herausgefunden.
Frauen gehören ins Orchester und nicht in die Küche, außer es ist ihr eigener Wunsch - diesen Gedanken, so scheint es, haben zwar noch nicht alle Orchestermusiker liebgewonnen, aber akzeptieren müssen sie ihn. Auch die Wiener Staatsoper: Immerhin wurden in den jüngsten Stellenausschreibungen Frauen ausdrücklich aufgefordert, sich zu bewerben, und Anfang des Jahres hat die erste Oboistin der Orchester-Geschichte und außerdem eine zweite Bratschistin ein Probejahr gewonnen - ob sie in den Verein der Wiener Philharmoniker aufgenommen werden, bleibt abzuwarten. o
Anmerkungen
1 Sabrina Paternoga: "Orchestermusikerinnen. Frauenanteile an den Musikhochschulen und in den Kulturorchestern. Geschlechts- und instrumentenspezifische Vollerhebung an deutschen Musikhochschulen und in den Orchestern", in: Das Orchester, 5/05, S. 8 ff.
2 Hartmut Karmeier: "Aktuelle Probespielstatistik. Arbeitsmarkt für Absolventen bleibt angespannt", in: Das Orchester, 6/06, S. 16 ff.
3 Musikszene. Die Schürzenjäger von Wien. Sinfonische Orchester und die Gleichberechtigung, Deutschlandfunk, Sendung am 4. März 2007 von Nadine Dietrich.
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